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Der äußere Ring - Der Fortgürtel

Übersichtsplan zum äußeren Fortgürtel

Übersichtsplan zum äußeren Fortgürtel

Größere Schussweiten der Artillerie erzwingen den Bau eines neuen Fortgürtels

Inzwischen war der Einfluss der modernen Waffen, insbesondere der Artillerie, auf den Verlauf des Krieges 1870/71 analysiert und Konsequenzen aufgezeigt worden. Die gesteigerte Artilleriewirkung erzwang in den Festungen des Deutschen Reiches, auch in der kgl. bayer. Landesfestung Ingolstadt, die Anlage eines neuen, weiter vorgeschobenen Fortgürtels. Dieser sollte es ermöglichen, die bereits bestehenden und "die noch nach Ingolstadt zu verlegenden militärischen Etablissements vor der Gefahr der Beschießung für eine längere Dauer der Belagerung sicher zu stellen und die beiden Bahnhöfe zu decken." Demgemäss sollten die neu anzulegenden Festungswerke einen Abstand von 6 bis 7000 m vom Glacis der Stadtumwallung und demjenigen der Tilly-Veste und unter sich einen solchen von nicht mehr als 4 bis 5000 m erhalten.

Aus der Topographie ergab sich für die neuen Werke der Westfronte eine wesentlich geringere Entfernung von der Stadtumwallung, nämlich nicht ganz 5000 m, als jene der übrigen Forts; das Fort Vl/Prinz Karl im Osten war zum Beispiel 8150 m auf die dortige beherrschende Hügelkette vorgeschoben. Die Ingolstädter Forts gingen auf einen Entwurf zurück, den das Preußische Ingenieur-Komitee unmittelbar nach dem Kriege von 1870/71 für Straßburg erstellt hatte. Nach den Erfahrungen des Krieges entstanden reine Artillerieforts, in denen die Infanterie eine untergeordnete Rolle spielte. Die Werke - ganz gleich, ob mit nassem oder trockenem Graben - galten als sturmfrei, was bedeutete, dass der Angreifer diesen ohne Hilfsmittel wie Leitern oder Bretter nicht überwinden konnte. weiter lesen

Verstärkung gegen die Brisanzgranaten

Die Forts waren noch gar nicht alle übergeben, als die Artillerie mit der Einführung der Brisanzgrananten einen weiteren revolutionären Schritt nach der rund 30 Jahre zuvor erfolgten Einführung der gezogenen Geschütze machte. Versuche zeigten sehr schnell die stark gewachsene Zerstörungskraft der neuen Geschosse, denen die Decken der vorhandenen Werke bei einer Beschießung nicht standhielten.

Klar erkannte man auch, dass die Tage des bisherigen Artillerieforts gezählt waren, weil die gewachsene Zerstörungskraft die auf engem Raum im Fort konzentrierte Artillerie schnell zerschlagen musste. Die Forts sollten jetzt primär durch Infanterie verteidigt werden, wobei man auch der Infanteriestellung zwischen den Forts höhere Bedeutung beimaß.

Die schwere Artillerie sollte daher in Anschlußbatterien bei den Forts ihre Hauptstellung finden und die Intervalle zwischen den Forts durch Zwischenwerke und Infanterieuntertreträume verstärkt werden.

Der Wert der Panzerung war zwar erkannt worden, aber diese war zu teuer. Dagegen sah man mit der Errichtung permanenter Munitionsräume im Frieden ein geeignetes Mittel, um die Abwehrkraft der Artillerie zu verstärken. Auf jeden Fall hatte die Verstärkung der Fortlinie Vorrang, dagegen verlor die Hauptumwallung der Stadt an Bedeutung, da an Mittel zu deren Verstärkung nicht mehr zu denken war.

Auch das Reich musste sich einschränken: So sollten nur noch 18 deutsche Festungen erhalten und verstärkt werden. Immerhin hatte Ingolstadt noch einen Sonderstatus, denn es sollte zusammen mit Mainz eine erhöhte Widerstandskraft gegen den abgekürzten förmlichen Angriff bekommen. Auch in den weiteren Verhandlungen wurde deutlich, dass das preußische Kriegsministerium Ingolstadt die gleiche Bedeutung wie Mainz zumaß. Bayerische Bemühungen um Reichsmittel setzten dann auch schon ab 1883 ein. Ein weiterer Grund für eine schnelle Entscheidung in Deutschland war der Aufstieg des Generals Boulanger in Frankreich,

der Kriegsminister wurde und danach eine revanchistische und antideutsche Massenbewegung führte. Die Gefahr eines Krieges war groß. Im März 1887 - Boulanger genoss als Kriegsminister gerade höchste Popularität - fiel eine Entscheidung zugunsten der bayerischen Forderungen betreffend Ingolstadt und im Nachtrag zum Reichshaushalt 1887/88 sind für die bayerischen Festungen Ingolstadt und Germersheim 12 Millionen Mark bewilligt worden, von denen aber der Löwenanteil an die Donau gehen sollte, während die Rheinfestung als minder wichtig betrachtet wurde.

Bei einer Kriegsbesatzung von 30.000 Mann und einem Bestand von 400 Geschützen wurde der Festung eine hohe Widerstandskraft beigemessen und man rechnete mit keinem Gegner, der für einen förmlichen Angriff stark genug sei. Bei den Forts sollte sich - nach dem Abzug der schweren Artillerie - die Besatzung von 1.000 Mann um die Hälfte verringern, weshalb nur ein geringer Teil der Kasematten und Poternen durch eine Betondecke und ein Sandpolster zu verstärken waren. Da das Steilfeuer der Artillerie auch immer gefährlicher wurde, verzichtete man auf eine Verstärkung der Kaponnieren und richtete den Hauptwall zur Infanterie-Verteidigung ein. Schutz gegen ein Kaliber von 21 Zentimetern der Angriffsartillerie wurde für ausreichend gehalten. Die Saillanttraverse sowie zwei weitere Walltraversen wurden zu Schutzhohlräumen umgebaut. Hier sollten Kanonen leichteren Kalibers untergebracht werden, die keinen Feuerkampf gegen die Artillerie des Angreifers führen sollten, die man vielmehr zur Abwehr des entscheidenden gegnerischen Sturmes aufsparen wollte.

Schließlich wurden Anschlußbatterien gebaut, welche sich an die Forts anlehnten. Dabei wurden auch bombensichere Hohlräume für die Geschützbedienungen und die Munition errichtet.


Nach dem Zusammenschluss der deutschen Staaten zum Deutschen Reich 1871 wandelte sich die Funktion der Landesfestung Ingolstadt. Ihre ursprüngliche Funktion, die Absicherung des bayerischen Kernlandes Richtung Norden, war nicht mehr notwendig, da Preussen jetzt ein Verbündeter war. Trotzdem wollte die Bayerische Regierung die Landesfestung nicht aufgeben: ein weiterer Ausbau der Festung mit Mitteln des Deutschen Reichs (aus Reparationszahlungen Frankreichs) versprach handfeste wirtschaftliche Vorteile; und gewisse Zweifel an der dauerhaften Bündnistreue der nördlichen Partner waren sicher auch vorhanden. Daher wurde die Landesfestung ab 1877 mit einem nochmals weiter außen liegenden Gürtel von Artillerieforts weiter verstärkt.

Gegenüber der Reichsregierung hatte man sich mit dem Argument durchgesetzt, dass die bayerische Armee im Falle einer verlorenen Schlacht einen sicheren Rückzugsort benötigen würde, um sich zu regenerieren. Dieses Konzept nannte sich Lagerfestung und schloss die Notwendigkeit der Schaffung von Versorgungsbetrieben, wie Munitions- und Geschützfabriken, Lagerstätten für Ausrüstung und Nahrung und medizinische Versorgungseinrichtungen mit ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alle Anlagen des äußeren Fortgürtels gesprengt, mit Ausnahme des Forts Prinz Karl (Fort VI) bei Katharinenberg. Auf den Trümmergrundstücken finden sich aber teilweise noch erhebliche Reste und auch auf Luftbildern sind die Umrisse meist noch gut zu erkennen.

Werke des Fortgürtels

Es enstanden folgende Werke (im Westen beginnend, dem Uhrzeigersinn folgend) weiter lesen